Ich weiß nicht, was auf mich zukommt. Einerseits habe ich Respekt davor, doch andererseits bin ich auch neugierig darauf. Ich merke schnell, dass es den anderen Teilnehmern genauso geht wie mir. Zum allerersten Mal nehme ich an einem ADAC-Verkehrssicherheitstraining teil. Beruflich bin ich etliche zigtausend Kilometer im Jahr unterwegs. Ich nehme an diesem Training teil, um meine Krisenfähigkeit, meine Resilienz zu steigern.
Zunächst starten wir mit ein paar „Aufwärmübungen“. Slalomfahren um Hütchen, das kann jeder. Resilienz – kein Problem! Dabei macht es einen deutlichen Unterschied, ob ich mit 30 km/h unterwegs bin oder mit 50 km/h. –
Eine Vollbremsung auf Kommando auf nasser spiegelglatter Fahrbahn, das kostet Überwindung. Ein plötzlich auftretendes „Wasserstrahl-Hindernis“ erfordert volle Konzentration. Doch im Vergleich zur letzten Übung ist das alles „Babykram“.
Zum Abschluss geht es auf die „Rüttelplatte“. – Kaum kommen die Vorderräder mit der Rüttelplatte in Kontakt, rüttelt es den Wagen kräftig durch und er beginnt sich unkontrolliert zu drehen. – Krass! Widerstandsfähigkeit – Resilienz ist gefragt. Ich muss wissen, was ich tun muss.
Krisenmanagement und die Chefs fehlen
Auch wenn es die herausforderndste Übung ist, bin ich am Ende des Tages besonders glücklich über das „Rüttel-Training“. – Routine stellt sich zwar nicht ein, denn einmal dreht sich der Wagen nach links und beim nächsten Mal nach rechts, während der Trainer noch dazu die „Rüttelstufe“ erhöht. – Doch das x-fache Training gibt Sicherheit.
Da führe ich kürzlich ein Tagesseminar zum Thema „Krisenmanagement an Schulen“ durch. Die Schulsekretärinnen und Hausmeister sind hochmotiviert und engagiert dabei. Doch wer fehlt, sind die Rektoren und Schulleiter. –
„Die haben dafür keine Zeit!“, sagt man mir. Ausgerechnet die Entscheidungsträger, die Führungskräfte passen und halten es nicht für notwendig, Krisensituationen zu trainieren und ihre Resilienz auszubauen.
Doch was ist Resilienz überhaupt?
Das Konzept der Resilienz wurde aufgrund einer Langzeitstudie von Emmy Werner, einer amerikanischen Entwicklungspsychologin, entwickelt. Sie beobachtete und analysierte rund 700 Hawaiianer, die 1955 geboren wurden, von Kindheit an über 40 Jahre hinweg.
Dabei interessierte sie sich vor allem dafür, wie Menschen, die in schwierigen Lebensumständen aufwuchsen, dennoch eine gute psychische Widerstandfähigkeit entwickeln können. Aufgrund dieser Studie konnten sieben Schlüsselfaktoren definiert werden, die heute als die „Sieben Säulen der Resilienz“ bezeichnet werden.
Diese Schlüsselfaktoren entscheiden darüber, ob Menschen Resilienz haben und somit Krisen verkraften oder gar noch gestärkt aus solchen Situationen hervorgehen. Diese Fähigkeit kann man als „Immunsystem der Seele“ oder noch treffender als „Stehaufmännchen-Konzept“ beschreiben.
Die sieben Schlüsselfaktoren der
Resilienz
- Akzeptanz
- Optimismus
- Selbstwirksamkeit
- Verantwortung
- Netzwerkorientierung
- Lösungsorientierung
- Zukunftsorientierung
Der Mensch – so sagt der Volksmund – ist ein Gewohnheitstier. Die vertraute Umgebung, die vertrauten Menschen, die vertraute Arbeit – all das gibt Sicherheit. Beim Autofahren ist es beispielsweise gut, dass wir nicht nachdenken müssen, wie wir schalten und ob sich der Blinkerhebel rechts oder links befindet.
Akzeptanz – Krisen gehören zum Leben
Doch jeder Autofahrer kennt auch unvorhersehbare und unkontrollierbare Situationen. Krisenmomente bei denen ein Fußgänger völlig unvermittelt auf die Straße tritt. Schrecksekunden bei denen ein unachtsamer Verkehrsteilnehmer einem die Vorfahrt nimmt. – Krisensituationen gehören zum Straßenverkehr dazu. Das gilt es zu akzeptieren.
Auch wenn ich jedes Mal Respekt vor der „Rüttelplatte“ habe, freue ich mich auf das nächste Verkehrssicherheitstraining. Von Mal zu Mal – und das nach mittlerweile 34 Jahren Fahrpraxis – gewinne ich mehr Sicherheit und bin dankbar, regelmäßig an diesem Training teilzunehmen. In Krisensituationen im „echten“ Straßenverkehr hat mich dieses Training schon mehrmals vor Unfall und Schaden bewahrt.
Genauso wie für den „echten“ Straßenverkehr zu trainieren, gilt es im Training für das „echte“ Leben zu bleiben. Dabei müssen wir im Führungsalltag nicht extra auf irgendwelche „Rüttelplatten“ zusteuern, um dort künstlich erzeugte Krisen zu bestehen.
Der Berufsalltag liefert ausreichend „echte“ Krisen. Als Führungskraft ist Ihnen bewusst, dass eine Krise die andere ablöst. Das sind die Schleuderbewegungen, die „Rüttel-platten“ des Lebens.
Deshalb beginnen Sie frühzeitig damit und bleiben Sie im konsequenten Training, um Ihre Resilienz, Ihre seelische Widerstandskraft weiter zu stärken und auch die Ihrer Mitarbeiter, denn die nächste Krise kommt bestimmt.
Gerne bin ich Ihr Sparringspartner – Melden Sie sich:
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- Weitere Säulen der Resilienz entfalte ich für Sie in meinem nächsten Blog-Beitrag.