Anfang März telefoniere ich mit Werner. Werner weiß, wie leidenschaftlich gerne ich predige. Wir vereinbaren, dass ich am letzten Sonntag im März als Gastprediger in seine Gemeinde komme. Doch dann kommt Aufschieberitis mit dem Namen Corona …
Landauf, landab werden die Gottesdienste abgesagt und ich streiche den Gottesdienst aus meinem Kalender. – Optimistisch wie wir beide sind, legen wir einen neuen Termin im April fest. Aufschieberitis hin oder her.
Wie sehr freue ich mich auf diesen Sonntag im April. – Ich habe Werner und seine Gemeinde ins Herz geschlossen und freue mich, die Verantwortung für die Predigt zu übernehmen.
Doch Corona hat uns auch im April noch fest im Griff. – Wir verschieben den Termin nicht nur um einen, sondern nun gleich um zwei Monate in den Juni.
Wie groß ist die Freude, als wir uns endlich wiedersehen. – Nach mehreren Anläufen können wir am vergangenen Sonntag tatsächlich miteinander Gottesdienst feiern. Selbstverständlich unter den vorgegebenen Abstands- und Hygienevorschriften, doch tatsächlich – nicht nur virtuell – wieder gemeinsam im realen Leben.
Corona ist an allem Schuld
Klar, in diesem Fall liegt es weder an Werner noch an mir, dass wir den für Ende März geplanten Termin nicht einhalten können. – Die Schuld trägt eindeutig und alleine: Corona.
Klar, an vielem – wenn nicht sogar an allem – trägt in den zurückliegenden Wochen und Monaten Corona die Schuld. Daran, dass wir Dinge nicht erledigen können, dass wir uns nicht mit Menschen treffen können, dass wir Projekte nicht zum Abschluss bringen können, dass wir …
Des Teufels liebstes Möbelstück
Doch bei genauem Hinsehen fällt auf, dass es des Teufels liebstes Möbelstück auch schon vor Corona gab, nämlich die „lange Bank“.
Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid, gaben 26 Prozent der Befragten an, dass Aufschieberitis zu ihren schlechten Angewohnheiten gehört. Die unangenehme Aufgabe wird so lange vertagt, bis diese wirklich dringend wird und somit inneren Stress und Druck auslöst.
Woran liegt es, dass mir das Schreiben einer Predigt leicht von der Hand geht, ich dagegen andere Aufgaben eine gefühlte Ewigkeit vor mir herschiebe?
Ich liebe es, zu predigen
Das war nicht immer so. Ich erinnere mich an den Beginn meiner Laufbahn als Pastor. Eine Predigt zu Papier zu bringen, die eine halbe Stunde dauern und die Menschen nicht in einen Dämmerschlaf versetzen sollte, war eine Mammutaufgabe für mich. So schob ich das Predigtschreiben immer weiter in Richtung Wochenende vor mir her, bis in die Nacht von Samstag auf Sonntag.
Immer wieder kam ich an den Punkt, an dem ich wusste: wenn du morgen ohne Predigt auf der Kanzel stehst, kann Dich das Deinen Job kosten. In unseren ersten Ehejahren war daher oft das Wochenende eine extreme Herausforderung – auch für meine Frau. Bis ein väterlicher Freund mir eines Tages sagte: „Das darfst Du Deiner Frau nicht antun. Die Predigt muss am Freitag stehen.“
Ich zuckte zusammen und realisierte, was ich mit meiner Aufschieberitis anrichtete. Ab diesem Zeitpunkt begann ich am Wochenanfang Gedanken und erste Stichworte für die Predigt zu sammeln. Am Freitagmittag stand die Predigt. Ich wollte das Wochenende mit meiner Frau genießen.
Meine „lange Bank“
Damals lernte ich, dass eine Predigt niemals wichtiger sein darf als meine Ehe. Und ich spürte, dass meine Aufschieberitis viel damit zu tun hatte, Dinge perfekt erledigen zu wollen. Ich begann, meine Lebensprioritäten neu zu ordnen und unangenehme Aufgaben sofort anzugehen. – Ein lebenslanger Prozess!
Die Krise stellt im Moment wieder viele Fragen an mich: „Was hat sich schon lange vor oder während Corona auf meiner „langen Bank“ angesammelt?“ – Vielleicht trägt aber auch gar nicht Corona die Schuld dafür, sondern schlechtes Zeitmanagement oder meine eigene Trägheit. Vielleicht haben aber auch gerade während Corona meine persönlichen Zeitfresser wieder gnadenlos zugeschlagen.
Ohne dass ich danach gesucht habe, wird mir plötzlich klar, wo ich mich während der vergangenen Wochen im „Aufschieberitis-Modus“ befand. – Klar, die Pandemie trug das Ihre dazu bei. Viele unserer Veranstaltungen konnten wir nicht durchführen und mussten sie auf unbestimmte Zeit verschieben. Doch es wäre zu einfach und zu billig die Verantwortung nur auf Corona abzuwälzen.
Ein erster Tipp, um den Teufelskreis der Aufschieberitis zu durchbrechen:
Belohnen Sie sich selbst
Was würde Sie motivieren, eine unangenehme Aufgabe direkt in Angriff zu nehmen? Bei den meisten Menschen funktioniert ein Belohnungssystem. Belohnen Sie sich nach getaner Arbeit doch einfach selbst. Sagen Sie sich zum Beispiel:
- Wenn ich diese Aufgabe fertig habe, mache ich früher Feierabend.
- Nach diesem Telefonat gönne ich mir einen Kaffee.
- Wenn dieses Projekt beendet ist, lade ich meinen Ehepartner zum Essen ein.
Best Practice-Tipp aus dem „Buch der Bücher“:
„Seid nicht träge in dem, was Ihr tun sollt.“ (Römer 12, Vers 11)
Ein Coaching wird Ihnen wesentlich dabei helfen, den Mechanismus
Ihrer Aufschieberitis zu durchbrechen. – Ich bin auf jeden Fall gerne
für Sie da.
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